Wie haben sich die weltweiten Goldreserven der Zentralbanken entwickelt?
Gold ist für viele Zentralbanken eine strategische Reserve, besonders in wirtschaftlich und politisch unsicheren Zeiten. Die Entwicklung des weltweiten Goldbestandes zeigt, wie sich das Vertrauen in das Edelmetall im Laufe der Jahre verändert hat. Die folgenden Zahlen beruhen auf Daten des World Gold Council (WGC), der regelmäßig die Goldreserven von Notenbanken weltweit auswertet.
Bei historischer Betrachtung wird der weltweite Anstieg der Goldreserven von Zentralbanken seit 2008 deutlich. Diese Entwicklung verläuft nicht zufällig: Besonders Ereignisse wie die globale Finanzkrise 2008, die Eurokrise, der Ukrainekrieg oder wachsender Druck durch Sanktionen haben dazu geführt, dass viele Notenbanken gezielt Gold kauften, um ihre Währungsreserven krisenfester zu machen.
Diese Entwicklung spiegelt sich auch in aktuellen Umfragen wider. Laut dem „Central Bank Gold Reserves Survey 2025“ des World Gold Council planen 43% der befragten Zentralbanken, ihre Goldbestände im kommenden Jahr zu erhöhen. 76% gehen davon aus, dass der Anteil von Gold an ihren Währungsreserven in den nächsten fünf Jahren steigen wird. Besonders relevant: Gold wird nicht mehr nur passiv gehalten. 44% der Zentralbanken managen ihre Bestände inzwischen aktiv, um gezielt auf geopolitische und wirtschaftliche Risiken zu reagieren.
Welche Länder halten besonders viel Gold – und warum?
Im Rahmen ihrer Währungsreserven setzen viele Zentralbanken weltweit auf Gold. Die folgende Übersicht zeigt die Top 10 Länder nach Goldreserven im vierten Quartal 2024, gemessen in Tonnen.
USA: 8.133,46 Tonnen Goldreserven
Deutschland: 3.351,53 Tonnen Goldreserven
Italien: 2.451,84 Tonnen Goldreserven
Frankreich: 2.437,00 Tonnen Goldreserven
Russland: 2.332,74 Tonnen Goldreserven
China: 2.279,56 Tonnen Goldreserven
Schweiz: 1.039,94 Tonnen Goldreserven
Indien: 876,18 Tonnen Goldreserven
Japan: 845,97 Tonnen Goldreserven
Niederlande: 612,45 Tonnen Goldreserven
Hinweis zur Datenlage: Die offiziellen Angaben zu den Goldreserven von Zentralbanken sind mit Unsicherheiten verbunden. Einige Länder veröffentlichen ihre Zahlen nicht regelmäßig oder nur mit Verzögerung. Der WGC erhebt die Daten auf Basis nationaler Berichte und stellt sie quartalsweise zur Verfügung. Für das erste Quartal 2025 liegen derzeit (Stand: 25. Juni 2025) noch nicht von allen Ländern aktuelle Angaben zu den Goldreserven vor. Daher basiert die folgende Übersicht auf den zuletzt verfügbaren Daten aus dem vierten Quartal 2024.
Einige Länder – wie die USA, Deutschland oder Italien – verfügen historisch bedingt über umfangreiche Goldbestände, die seit Jahrzehnten weitgehend stabil geblieben sind. Für sie ist Gold ein konstanter Baustein ihrer Währungs- und Geldpolitik. Andere Länder hingegen haben ihren Goldkauf in den vergangenen Jahren stark ausgeweitet. Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung bei China, Russland und der Türkei, die aus unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Gründen verstärkt auf das Edelmetall setzen.
Chinas Goldreserven: Große Schritte mit langen Pausen
China zählt heute zu den größten Haltern von Goldreserven weltweit – doch der Ausbau erfolgte nicht kontinuierlich, sondern in klar abgegrenzten Phasen. Statt regelmäßiger Zukäufe nutzt die chinesische Notenbank das Edelmetall offenbar als strategisches Reserveinstrument, um auf geopolitische und wirtschaftliche Entwicklungen zu reagieren.
Der Anteil von Gold an Chinas Währungsreserven hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht. Ziel ist es, die Abhängigkeit vom US-Dollar zu verringern, wirtschaftliche Risiken abzufedern und die eigene Währung in einem zunehmend geopolitisch geprägten Umfeld zu stärken.
Russlands Goldbestände – Goldkauf besonders in geopolitischen Spannungen
Russland zählt zu den Ländern mit dem stärksten Anstieg der Goldreserven in den vergangenen zwei Jahrzehnten. Die russische Notenbank hat ihren Goldbestand besonders seit der globalen Finanzkrise 2008 erheblich ausgeweitet.
Russlands Zentralbank nutzt das Edelmetall, um ihre Währungsreserven zu diversifizieren und unabhängiger vom US-Dollar zu werden. Die gezielte Umverteilung weg von Anlagen in der US-Währung hin zu Gold gilt bei der russischen Notenbank als Teil einer Strategie der Dedollarisierung, die angesichts westlicher Sanktionen zunehmend an Bedeutung für Russland gewonnen hat.
Der hohe Goldanteil an den russischen Währungsreserven gilt als gezielte Reaktion auf wirtschaftliche Risiken und politische Spannungen. Laut dem WGC zählt Russland seit Jahren zu den aktivsten staatlichen Käufern mit spürbarem Einfluss auf die globale Nachfrage und den langfristigen Goldpreis.
Türkei: Starker Anstieg der Goldreserven
Die Türkei hat ihren Goldbestand in den vergangenen Jahren massiv erhöht und zählt damit zu den aktivsten Zentralbanken beim Ausbau ihrer Währungsreserven.
Während die Goldreserven über mehrere Jahre konstant bei rund 116 Tonnen lagen, setzte danach ein deutlicher Anstieg ein. Besonders seit 2017 ist ein starker Zuwachs bei den Nettokäufen zu beobachten. Die Türkei entwickelte sich in nur wenigen Jahren zu einem der größten Nettokäufer unter den Schwellenländern. Dieser Anstieg könnte im Zusammenhang mit wirtschaftlicher Unsicherheit und einem wachsenden Misstrauen gegenüber Fiat-Währungen stehen.
Wie beeinflusst es den Goldpreis, wenn Zentralbanken Gold kaufen?
Zentralbanken gelten als wichtige Akteure am internationalen Goldmarkt. Ihr Verhalten beeinflusst nicht nur das Angebot und die Nachfrage nach dem Edelmetall, sondern hat auch unmittelbare Auswirkungen auf den Goldpreis. Diese Effekte lassen sich in drei Bereiche unterteilen:
Erhöhte Nachfrage durch strategische GoldkäufeWenn Zentralbanken Gold kaufen, steigt die weltweite Nachfrage nach dem Edelmetall spürbar. Viele Marktteilnehmer deuten solche Goldkäufe von Notenbanken als Vertrauenssignal, vor allem in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit. Das verstärkt die Funktion von Gold als „sicherer Hafen“ und kann zu weiteren Investitionen führen. Besonders in Krisenjahren lassen sich parallel steigende Goldreserven und Preisanstiege beobachten.
Sinkendes Angebot auf dem freien MarktEin Großteil der von Notenbanken gekauften Goldbestände wird langfristig gehalten und verschwindet dadurch aus dem Markt. Wenn also etwa eine Notenbank Gold kauft, reduziert sich das verfügbare Angebot. In Kombination mit steigender Nachfrage kann das zu Preissteigerungen führen. Dieser Effekt wirkt sich besonders deutlich aus, wenn große Länder, etwa China oder Russland, über Jahre hinweg zu Nettokäufern werden, also regelmäßig mehr Gold kaufen als verkaufen.
Einfluss der Zinspolitik auf die Attraktivität von GoldEin weiterer Faktor ist die Zinspolitik der Zentralbanken. Wenn die Zinsen niedrig sind, verlieren klassische Anlagen wie Staatsanleihen an Reiz. Edelmetalle wie Silber und Gold werden dadurch attraktiver. Auch Zentralbanken passen in solchen Phasen ihre Reserven an und kaufen häufiger Gold, wie zum Beispiel nach der Finanzkrise 2008 oder während der Pandemie 2020.