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Lektion 12
8 min

Was sind dezentrale Finanzen (DeFi)?

Dezentrale Finanzen (DeFi), auch dezentrales Finanzwesen, zielen darauf ab, Technologien und Prozesse wie Transaktionen in die Hände der einzelnen Akteure zu verlagern, um nicht von zentralen Institutionen abhängig zu sein. 

  • Dezentrale Finanzen (DeFi) bilden traditionelle Finanzservices nach, achten dabei aber auf Transparenz

  • Anwendungen werden nicht von zentralen Autoritäten verwaltet oder kontrolliert, sondern basieren auf der Blockchain-Technologie und Transaktionen finden daher direkt zwischen Nutzern statt

  • Smart Contracts ermöglichen es, die Vertragsbedingungen zwischen dem “Käufer” und “Verkäufer” direkt in den Code zu schreiben

In dieser Lektion lernst du mehr über das dezentralen Finanzwesen (DeFi).

Grundlagen des dezentralen Finanzwesens

Wie du bereits in Lektion 5 der Bitpanda Academy für Experten über DAOs gelernt hast, handelt es sich bei dezentralen autonomen Organisationen um Strukturen, die geschaffen wurden, um voll funktionsfähige Organisationen zu etablieren, die auf eine hierarchische Leitung verzichten. Wir erinnern uns: Bitcoin wird oft als die erste DAO weltweit angesehen., Dabei war es eigentlich das Ethereum Netzwerk, das die Idee durch die Erweiterung von DAO-Strukturen mit DApps und Smart Contracts vollständig entwickelt hat. 

Die Durchführung von Kryptozahlungen mit Bitcoin ist vielleicht das älteste und bekannteste Beispiel für einen dezentralen Finanzdienst. Ein weiteres Beispiel im Zusammenhang mit Bitcoin und den Anfängen von DeFi ist das Lightning Network, das entwickelt wurde, um die Transaktionsgeschwindigkeit auf der Bitcoin-Blockchain zu erhöhen. 

Direkte Transaktionen zwischen mehreren Parteien

Im dezentralen Finanzwesen finden die Transaktionen direkt zwischen den einzelnen Parteien statt. Diese Transaktionen werden durch Smart Contracts abgewickelt, die von der Community verwaltet werden und quelloffen sind. Die Open-Source-Struktur von Ethereum in Kombination mit der Programmiersprache "Solidity" und dem ERC20-Tokenstandard ermöglicht die Erstellung von Zahlungs- oder Utility-Token, die selbst Smart Contracts nutzen oder mit DApps bzw. anderen Smart Contracts verbunden sind. 

Während dezentralisierte Finanzen erst seit 2018 an Popularität gewinnen, gilt heute die MakerDAO als die weltweit größte Kreditplatform. MakerDAO wurde vom dänischen Unternehmer Rune Christensen bereits 2014 gegründet, mehr dazu erfährst du später. Ursprünglich als "Open Finance" und nicht wie das heutige "DeFi" bezeichnet, bringen immer mehr Anwendungen des dezentralen Finanzwesens eine Vielzahl an traditionellen Finanzinstrumenten auf die Blockchain. Werfen wir doch einen genaueren Blick darauf, warum DeFi boomt und was die Zukunft bringen könnte. 

Warum sind dezentrale Finanzen (DeFi) wichtig?

Erst im Zuge der Finanzkrise 2008 wurde ersichtlich, in welchem Ausmaß Institutionen ins Finanzgeschehen eingreifen. Auch klar wurde, dass die traditionellen Finanzstrukturen weltweit lediglich von ein paar wenigen Entscheidungsträgern abhängig sind. Nur kurze Zeit später wurden 2009 mit der Veröffentlichung des Bitcoin Whitepapers erste Ideen eines vertrauensunabhängigen Finanzservices vorgestellt. 

Die Einführung der Ethereum-Blockchain und die Erfindung von Smart Contracts, die den Weg für die ersten dezentralen Anwendungen (DApps) ebneten, dauerten jedoch etwas länger. DApps sind Computerprogramme, deren Frontend-Komponente auf den Computern der Nutzer verfügbar ist, während die Backend-Komponente auf einer Blockchain lebt. Zur Erinnerung: Smart Contracts werden auf dem Distributed Ledger programmiert und automatisch ausgeführt, sobald bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. 

Welche Vorteile bietet DeFi?

Wie bei anderen Blockchain-Anwendungen liegt der größte Vorteil von DApps darin, dass sie dezentral sind, d. h. sie können nicht von einer zentralen Instanz eingeschränkt werden. DeFi-Projekte laufen völlig unabhängig von Banken oder anderen Plattformen und sind von überall aus rund um die Uhr zugänglich. Alle Verträge im Peer-to-Peer-Netzwerk sind unveränderlich und werden im Code festgehalten. Die meisten dezentralen Finanzanwendungen laufen auf öffentlichen Blockchains und können von allen genutzt werden. Das dezentrale Finanzwesen ermöglicht es also, bereits bestehende Finanzdienstleistungen auf eine offenere, demokratischere und transparentere Weise umzusetzen. 

DeFi gewinnt seit 2019 dank des zunehmenden weltweiten Interesses an Krypto und den dadurch steigenden Zahl von Kryptotradern immer mehr an Bedeutung. Trader wollen ihre Bestände nutzen, um zusätzliches Einkommen zu generieren. Das bedeutet, dass Nutzer, die in Kryptowährungen investieren, ihre Assets nicht nur "hodeln" (halten) wollen, sondern diese auch zur Erzielung von Renditen nutzen wollen. Um dieses Bedürfnis zu befriedigen, bieten eine breite Palette von dezentralen Finanzanwendungen und zahlreiche Plattformen Dienstleistungen wie Darlehen, Derivate, Staking und mehr an. Im Folgenden ein Überblick über die beliebtesten Anwendungsfälle dezentraler Finanzen.

Anstatt Kredite traditionell bei einer Bank aufzunehmen, ermöglicht DeFi die direkte Kreditaufnahme und -vergabe in einem Peer-to-Peer-Netzwerk.

Darlehen

Anstatt Kredite traditionell bei einer Bank aufzunehmen, ermöglicht DeFi die direkte Kreditaufnahme und -vergabe in einem Peer-to-Peer-Netzwerk. Bei der dezentralen Kreditvergabe investieren die Kreditgeber, während die Kreditnehmer auf Plattformen wie dem eingangs erwähnten MakerDAO ein Darlehen aufnehmen. Das Leihen und Verleihen gehört derzeit zu den am meisten genutzten Anwendungsmöglichkeiten von DeFi und macht weit über die Hälfte aller Transaktionen im dezentralen Finanzwesen aus.

Nicht zu verwechseln mit DAO Maker, einer Multi-Investment-DeFi-Plattform, ist MakerDAO ein auf Ethereum basierendes Protokoll. Der Stablecoin DAI der Maker DAO ist eine Kryptowährung, wobei eine Einheit DAI jederzeit genau einem US-Dollar entspricht. Während der Kurs der meisten Kryptowährungen im Vergleich mit Fiatwährungen wie dem US-Dollar oder dem Euro regelmäßig beträchtlich steigt und sinkt, zielen Stablecoins darauf ab, einen stabilen Wert zu behalten. Aus diesem Grund sind viele Stablecoins an stabile nationale Währungen gekoppelt. Ein Basiswert kann jedoch auch ein ganzer Korb von Währungen oder anderen Assets sein, z. B. Staatsanleihen und Rohstoffe wie Gold. 

Neben seiner Wertbeständigkeit hat DAI den Vorteil, dass der Coin weltweit sofort verwendet werden kann und dezentral im Netz verteilt ist. Nutzer, die in Regionen mit hohen Inflationsraten leben, können DAI als Absicherung gegen die Inflation der nationalen Währungen verwenden und den Stablecoin schnell, einfach und zu geringen Kosten weltweit versenden. Alles, was Nutzer dafür brauchen, ist eine Wallet wie MetaMask.

Derivate – Krypto-Shorting

Eine weitere Gruppe traditioneller Finanzprodukte, bei denen DeFi zunehmend zum Einsatz kommt, sind Derivate, z. B. für Leerverkäufe oder Leverage. Indem man Coin-Darlehen einen Schritt weiter treibt, können Derivate verwendet werden, um auf fallende Kurse von Kryptowährungen zu spekulieren, was als "Leerverkäufe" bzw. "Shorting" bezeichnet wird.

Der Kreditnehmer einer bestimmten Menge an Kryptowährungen kauft diese zu einem bestimmten Preis, wartet, bis der Preis auf ein gewisses Niveau gefallen ist, verkauft sie zu dem neuen niedrigen Preis, kauft den geliehenen Betrag zurück und gibt sie dem Kreditgeber/Eigentümer zurück. Der Gewinn, der dabei erzielt wird, ist die Differenz zwischen dem Kurs, zu dem die Coins geliehen wurden, und dem Kurs, zu dem sie verkauft wurden. Wie jedes Geschäft mit Derivaten ist auch diese Art von Transaktion mit Risiken verbunden, da ein unerwarteter Preisanstieg zu einem Verlust führen würde.

Krypto-Leverage

Bei Leverage (engl. für Hebelwirkung) wird ebenfalls auf Kursbewegungen spekuliert und ein bestimmter Betrag einer Kryptowährung geliehen. Beispielsweise könnte der Trader eine bestimmte Menge an Kryptowährungen halten und sich denselben Betrag leihen, um zu investieren. Das würde bedeuten, dass er das Doppelte des ursprünglichen Betrags investiert. Steigt der Kurs der entsprechenden Kryptowährung, erzielt er die doppelte Rendite, verkauft die investierten Coins anschließend wieder, zahlt den Kredit und die Zinsen zurück und behält den restlichen Gewinn.

In jedem Fall sind die ausführliche Recherche und eine angemessene Risikobewertung von entscheidender Bedeutung, bevor du dich als Krypto-Trader auf ein Projekt im Bereich der dezentralen Finanzen einlässt.

Auch diese Art der Transaktion birgt hohe Risiken: selbst wenn sich der Kurs nicht wie geplant entwickelt, muss das Darlehen in jedem Fall zurückgezahlt werden. Hier kommt der Begriff "Margin Call" (Margenausgleich) ins Spiel: Der Kreditgeber kann von einem Trader auch zu einem ungünstigen Zeitpunkt die Rückzahlung verlangen, um zusätzliches Kapital auf sein Konto einzuzahlen oder Positionen zu schließen, um den Saldo wieder auf einen Mindestwert zu bringen. Dieser wird auch als "Maintenance Margin" (Mindesteinschuss) bezeichnet, daher kommt der Begriff "Margin Call".

Nachteile von DeFi

Es bleibt abzuwarten, ob DeFi das alte Finanzsystem wirklich ersetzen oder nur ergänzen wird. Es gibt jedoch eine Reihe von Problemen, die das dezentrale Finanzwesen in jedem Fall lösen muss, um seine langfristige Lebensfähigkeit zu gewährleisten. Neben Schwierigkeiten hinsichtlich der Sicherheit der digitalen Plattformen und des hohen Energieverbrauchs ist die Vereinheitlichung der gesetzlichen Bestimmungen eine Herausforderung für sich und könnte zu einer Fragmentierung der Branche führen. Governance-Risiken und Anlegerschutz bergen ebenfalls potenzielle Stolperfallen auf dem Weg zum vorherrschenden Finanzsystem. Codes können fehlerhaft sein und Projekte sich als betrügerisch oder als Pump-and-Dump-System herausstellen. In jedem Fall sind gründliche Recherchen und eine angemessene Risikobewertung von entscheidender Bedeutung, bevor man als Kryptotrader in ein DeFi-Projekt investiert.

 

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So fasst du in DeFi Fuß

Der einfachste Weg, im traditionellen Finanzwesen Renditen zu erzielen, ist die Einrichtung eines Sparkontos und die Einzahlung von Fiatwährungen, wodurch mittels Zinsen ein Gewinn erwirtschaftet wird. Auf DeFi-Plattformen wie Maker hingegen senden Kryptotrader ihre Bestände an die Plattform und sperren sie oder nutzen sie, um anderen Nutzern in Liquiditätspools Liquidität zur Verfügung zu stellen, wobei sie für die Bereitstellung ihrer Mittel ebenfalls Zinsen erhalten.  

Im Gegensatz zum traditionellen Finanzwesen gibt es bei DeFi keine zentrale Instanz, die ausreichend Liquidität für Transaktionen bereitstellt. Daher sind die Plattformen auf Kryptotrader angewiesen und müssen für diese Anreize präsentieren, damit die Trader ihre Bestände für Liquiditätszwecke bereitstellen. Nutzer, die DAI über die Plattform leihen möchten, deponieren Sicherheiten (einen Betrag, der als Sicherheit verpfändet wird, falls sie den Kredit nicht zurückzahlen können) in ETH, die sie in Smart Contracts hinterlegen. 

Während viele DeFi-Projekte noch immer auf der Ethereum-Blockchain gehostet werden, kommen ständig neue Alternativen hinzu. Auf Ethereum laufende Projekte sind üblicherweise mit hohen Gasgebühren und Netzwerküberlastungen verbunden, weshalb Alternativen für Trader mit kleinerem Budget besser geeignet sein könnten. 

Beim Staking sperren Nutzer ihre Token in einem Smart Contract, um zu Validatoren in einem Netzwerk zu werden und sicherzustellen, dass niemand das Netzwerk hintergeht. Die (meist nativen) Token werden verwendet, um die Assets im Netzwerk zu sichern, und Nutzer erhalten Belohnungen für das Staken ihrer Bestände. Das Konzept ähnelt dem einer Festgeldanlage bei einer traditionellen Bank, die dem Nutzer Zinsen für das eingezahlte Geld bietet.

In der nächsten Lektion erfährst du mehr zum Thema Staking. 

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